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Verhaltenstherapie
Grundlagen
Die Verhaltenstherapie geht davon aus, dass Angststörungen, Zwangserkrankungen, Schmerzzuständen, Essstörungen, Gemütsleiden und psychosomatischen Beeinträchtigungen fehl gelaufene Lernprozesse zugrunde liegen. Als Beispiel für den verhaltenstherapeutischen Ansatz soll das Entstehen eines Wasch- und Reinigungszwanges erklärt werden: Eine junge Frau hat wegen eines nicht ausgesprochenen und nicht ausgetragenen Konfliktes in ihrem Elternhaus das Gefühl einer starken inneren Anspannung. Während dieser Belastung greift sie ein klebriges Treppengeländer an. Ekel überkommt sie, verständlicherweise. Bei ihr wird der Ekel jedoch durch das unangenehme Gefühl der Anspannung noch verstärkt. Daheim angekommen wäscht sich die Frau zuallererst die Hände, um sich vom Ekel zu befreien, auch die innere Anspannung lässt durch diesen Akt für den Moment nach. In der Zukunft vermeidet sie immer mehr die Berührung mit alltäglichen Gegenständen, die beschmutzt sein könnten, um bloß nicht noch einmal diesen starken Ekel verspüren zu müssen. Dieses Vermeidungsverhalten nimmt ihr die Chance, zu lernen, dass das vermeintlich Bedrohliche so bedrohlich gar nicht ist. Alles ist verschmutzt und selbst wenn, ist dies nicht schlimm und wird vor allem in einer mehr entspannten Situation auch nicht so verstärkt negativ bewertet. Das Vermeidungsverhalten konserviert gleichsam Ängste und Unruhe. Können die Ängste nicht mehr mit der Realität abgeglichen werden, entstehen immer quälender werdende Phantasien über die Berührung verschmutzter Gegenstände.
Auch Panikattacken (früher Herzneurosen genannt) haben ihren Ursprung oft in solchen fehlgeleiteten Lernprozessen. Einige irreguläre Herzaktionen verbunden mit Schwindel und Übelkeit, haben früher einmal einen Menschen plötzlich überfallen. Er hat sich sehr hilflos erlebt. Angst vor der Angst stellte sich ein. Anstrengungen werden vermieden. Körperliches Training wurde vernachlässigt. Heute löst ein "Herzstolpern", verbunden mit einer kleinen, normalen Blutdruckschwankung und etwas Schweißigkeit, massive Befürchtungen bei ihm aus, was dann auch zu Überreaktionen des vegetativen Nervensystems mit Todesangst und Vernichtungsgefühlen führt. Die Verhaltenstherapie sucht nun eine Neubewertung, einen Neubeginn in einer neuen Lernerfahrung.
Ablauf der Verhaltenstherapie
Während die Psychoanalyse in der Vergangenheit, meist sogar in der frühen Kindheit arbeitet, setzt die Verhaltenstherapie in der gegenwärtigen Situation an. Am Anfang der Behandlung soll der Patient so detailliert wie es ihm nur möglich ist, die Angst auslösenden Situationen, seine Gedanken und Gefühle währenddessen, die Reaktionen seines Körpers und seine bewussten (zwanghaften) Handlungskonsequenzen beschreiben. Allein die genaue Beschreibung dessen, was passiert und wie genau der Ablauf ist, bringt oft schon Erleichterung, weil nun die Situationen und Ängste ihren schwammigen, ungreifbaren Charakter verlieren. Sie werden konkret und begreifbar. Eine Neubewertung der Ängste wird möglich und damit ist der erste Schritt getan.